1. Europäischer Kulturweg

in Baden-Württemberg

Über den Kulturweg
von Goswin v. Mallinckrodt


Unsere Kulturlandschaften stecken voller oft noch ungehobener Schätze...

... deshalb hat Goswin von Mallinckrodt, Touristiker und Teil der Eigentümerfamilie
der Gamburg ob der Tauber, nach einer Begegnung mit Dr. Gerrit Himmelsbach,

Projektleiter für Europäische Kulturwege im Archäologischen
Spessartprojekt e.V. (ASP) (www.spessartprojekt.de)
vor einigen Jahren das Projekt für einen Kulturweg um Gamburg und Umgebung ins Leben gerufen. Bald engagierte sich auch Marlise Düx, Vorsitzende des Pfeifervereins Niklashausen e.V. für das Projekt, ebenso wie Dr. Matthias Wagner, damals Leiter des Kulturamts Kloster Bronnbach. Unter der professionellen Leitung von Dr. Himmelsbach wurde daraufhin eine Arbeitsgruppe vieler Heimatfreunde versammelt, Sponsoren gefunden und der Kulturweg auch auf das benachbarte Höhefeld ausgedehnt.

Weg_01_1
Bronnbach

Neben den bekannten Highlights der Region wie der Burg und dem Burgpark Gamburg, dem Kloster Bronnbach und dem Pfeifermuseum Niklashausen konzentriert sich der mit einem gelben EU-Schiffchen markierte Rundweg vor allem auf die Vielfalt der Kulturlandschaft, die in einem eigenen Faltblatt sowie auf verschiedenen Informationstafeln entlang der Strecke erläutert wird. In der Tradition der bereits bestehenden Europäischen Kulturwege des ASP sollen gerade die unauffälligen Dinge, die man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht als spannendes Zeugnis der Kulturlandschaft erkennt, für Bewohner und Besucher hervorgehoben werden.

Grenzstein_01
Beghardenhöhle_01


Drei Bahnhaltepunkte in Bronnbach, Gamburg und Niklashausen erleichtern den Wanderern dabei die Erkundung der einzelnen Etappen. Wer beispielsweise am Bronnbacher Bahnhof ankommt, findet dort zunächst eine allgemeine Informationstafel zum Kulturweg und zum ehemaligen Zisterzienserkloster. In Bronnbach zeigt ein eigener Rundweg zur Klosterlandschaft wie sehr das Kloster über Jahrhunderte die Umgebung durch Weinbau, Bewässerung und Schafzucht gestaltet hat. Neben einer alten Wolfsgrube kann man dadurch auch den im Hochmittelalter beim Bau des Klosters kanalisierten Lauf des Brunnenbachs erkunden. Im Umkreis des Schafhofs auf der Höhe wird auch die ehemalige Burg Bronnbach vermutet, die der Herr der Gamburg den Zisterziensern, nach Übergabe seines Landguts im Tal, zusätzlich zur Verfügung gestellt hatte.

Von diesem Rundweg zweigt der eigentliche Kulturweg ab und führt zu dem womöglich nach einem Baumgeist, dem Bilwis, benannten Pülversloch, einem alten Flur- und Waldstück. Bei der Infotafel Pülversloch sowie später an der Infotafel Feuersteig wird der Kulturweg von einem alten Grenzweg durchkreuzt, der hier zur mythologischen Straße wird: Wie Wotans Wildes Heer rast der sagenhafte „Alte vom Berg“ mit seinem von fuchsigen Rossen gezogenen Wagen vorbei an der wildromantischen Felsenlandschaft des Feuersteigs, vorbei an all den in alten Karten abgebildeten und noch heute durchnummerierten Grenzsteinen und vorbei an zwei keltischen Hügelgräbern im Pülversloch gen Höhefeld und Würzburg. Sportlichere Wanderer können diesen Grenzweg auf eigene Faust erkunden und je nach Laufrichtung eine Hälfte des Kulturwegs abkürzen.

Vorbei an einer geheimnisvollen Steinhalde und einem ehemaligen Steinbruch geht es weiter nach Höhefeld. Dort kündet eine Infotafel von der Kirchengeschichte, dem Naturkünstler Erwin Aichele und der Ortswirtschaft „Zum Goldenen Adler“. Danach bietet der Panorama-Rundweg am Neuberg bzw. Götzenberg einen spektakulären Fernblick ins Taubertal sowie Informationen zum archäologischen „Höhefelder Fund“. Nördlich davon erstreckt sich die Kulturlandschaft Frau Holle mit einem nach ihr benannten Grenzbaum unterhalb des Knollenbergs und dem Seebrunnen, in dem geheimnisvolle Wassermädchen wohnen sollen. Am Ortsausgang erwartet den Wanderer zudem ein altes Steinkreuz und die mächtige Luthereiche.

Bergab geht es weiter nach Niklashausen. Hier wird der Kulturweg am Pfeifermuseum um einen weiteren Rundweg ergänzt, der dem berühmten Pfeiferhannes von 1476 (www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Niklashauser_Fahrt,_1476) gewidmet ist und an einer rätselhaften Beghardenhöhle vorbeiführt. Auf einer der Kulturweg-Tafeln wird zudem die Geschichte der Natursteinwerke Hofmann erläutert. (www.hofmann-naturstein.com/de/)

Auf der anderen Tauberseite erhebt sich die Gamburg (www.burg-gamburg.de) die für ihre in Europa einzigartigen Barbarossa-Fresken und ihren barocken Burgpark gekannt ist. Nach einer Führung und einer Stärkung im Burgcafé geht es weiter Richtung Kammerforst, von wo aus man mit einer traumhaften Aussicht zurück auf die Burg belohnt wird. Im Wald befindet sich nach dem sog. „Gaul“-Denkmal und der alten Waldkapelle ein außergewöhnlich großes Hügelgräberfeld, das Wanderfreudige abseits der Wegstrecke entdecken können.

Keltengrabhügel_01
Waldkapelle_01

Könnte die Hochfläche des Kammerforsts einst eine frühgeschichtliche Höhenbefestigung, ähnlich derjenigen bei Finsterlohr und der Wettenburg, gewesen sein? Wieder im Tal macht man einen Abstecher zur ehemaligen Bimssteinfabrik, in der einst die berühmten „Gamburger Mäuschen“ hergestellt wurden. Am dortigen Maisenbach, wird jährlich zu Lætare symbolisch der Winter verbrannt. In der Flur Altekirchen auf der gegenüberliegenden Tauberseite befand sich früher eine keltische und frühmittelalterliche Siedlung. An der Stelle des ehemaligen Mühltors kommt man in den Altort Gamburg vorbei am kunstvollen Hokemo-Brunnen und über die Tauberbrücke zum Gamburger Bahnhof 

In der Nähe des Bahnhofs befindet sich die in der Kelten- und Völkerwanderungszeit besiedelte Flur Leidenäcker. Auf dem Rückweg gelangt man, vorbei am Feuersteig, schließlich wieder zurück nach Bronnbach. Eine umgekehrte Wegbeschreibung mit Startpunkt am Gamburger Bahnhof ist auf der Webseite von Burg & Burgpark Gamburg zu finden  (https://burg-gamburg.de/tauberfranken/europaeischer-kulturweg/)

Dieser 113. Kulturweg des Archäologischen Spessartprojekts ist gleichzeitig der erste in Baden-Württemberg. Seit 1998 widmet sich das ASP der Forschung, Vermittlung und Pflege der Kulturlandschaft Spessart und arbeitet, z.B. als An-Institut der Universität Würzburg  (www.spessartprojekt.de/spessartprojekt/das-an-institut-an-der-universitaet-wuerzburg/)  eng mit verschiedenen Universitäten und Forschungsinstituten in einer Vielzahl wissenschaftlicher Projekte zusammen. Zudem ist es in verschiedenen europäischen Initiativen wie European Cultural Paths oder als Hauptinitiator an Pathways to Cultural Landscape  engagiert
(www.pcl-eu.de/indexde.php)  und ist an der Umsetzung der Europäischen Landschaftskonvention beteiligt.

Aus seiner in Deutschland fast einzigartigen, fächerübergreifenden Ausrichtung für ein ganzheitliches Landschaftsverständnis und durch bürgerschaftliches Engagement entwickelte sich eine starke Verbindung aus wissenschaftlicher Forschung und Zivilgesellschaft, die heute unter dem Begriff „Citizen Science“ bekannt ist. Im Laufe der letzten Jahre haben sich mehr als 5.000 Freiwillige an den verschiedensten Projekten beteiligt, darunter archäologische Ausgrabungen, Prospektionen, Forschungs- und Kunstprojekte. Seit 1999 entsteht zudem ein immer dichteres Netz an Europäischen Kulturwegen, die helfen sollen, das Buch der Landschaft zu lesen und zu verstehen.